13. Januar 2016

Alles nur Klischee oder doch ein Fünkchen Wahrheit?

Willkommen, willkommen!


Heute würde ich gerne über die Vorurteile sprechen, die vielleicht einige haben, wenn sie an England denken. Mich eingeschlossen! Denn auch ich hatte mir schon ein Bild von dem Land gemacht, in dem ich die nächsten 10 Monate meines Leben verbringen würde.
Und die wohl wichtigste Frage - Stimmt das alles überhaupt?
Denn vor allem wir Deutschen können glaube ich ein Lied über Klischees und Vorurteile singen. Manchmal kann man sich halt echt nur an den Kopf fassen...
"I always thought Germans wouldn't be funny at all. But you guys are hilarious!"
"You're half an hour late - I thought you're german?!"
"Is Hitler a star in Germany?"
"Is it actaully true, that you can drink a glass of beer in one go?"

Wenn ich also im Folgenden darüber rede, inwiefern diese Klischees wahr oder unwahr sind, müsst ihr bitte bedenken, dass ich in London lebe und sich dieses wahrscheinlich sehr vom Rest des Landes unterscheidet und weniger "traditionell" ist.
So, genug gelabert jetzt, los geht's:

Regen 24/7?
 
Klischee Nummer eins: Sonne und schönes
Wetter in England? Gibt's nicht!

So ein Schwachsinn sag ich da nur. Kann natürlich auch daran liegen, dass ich in London lebe und es im Landesinneren, und vor allem in Großstädten, oft wärmer ist, als im Rest des Landes. Aaaaaaber als ich Ende August hier ankam, war das Wetter oft besser als in Deutschland. Und während ihr gerade bis zum Hals im Schnee steckt, genießen wir Frühlingshafte milde Briesen und Vogelgesang - naja, und Regen halt...
Aber so oft regnet es wirklich nicht, I promise! Ganz im Gegenteil gibt es vor allem im Sommer und Herbst viele sehr klare Tage, an denen man sich wundervoll in die schönen Parks setzen kann.

Fazit: Ein ganz eindeutiges Jein. Es regnet schon mehr als in Deutschland aber eben nicht NUR, man muss einfach darauf vorbereitet sein, dass das Wetter hier relativ wechselhaft ist :) Also auf jeden Fall Regenschirm einpacken!


Ist die Englische Küche tatsächlich so schlecht?

Klischee Nummer zwei: Sind beans/ pasta on toast (natürlich ungetoasted), Marmite, Fishgeröstete Schweinehaut, Würstchen zum Frühstück oder das sogenannte "Brot" tatsächlich alles, was die Englische Küche zu bieten hat?

Also jetzt mal so ganz ehrlich unter uns... die einzigen britischen "Köstlichkeiten" die ich kenne, habe ich gerade aufgezählt und mir aus genau diesem Grund nicht die Frechheit herausgenommen, euch zu erzählen, dass die englische Küche nicht gut ist.
Mal ganz abgesehen davon hört sich etwas wie "beans on toast" vielleicht nur so ekelig sind, weil wir es nicht gewohnt sind?
Naja, genug zu meinen sehr beschränkten Geschmacksexplosionen was das angeht. Aber was sagen andere, die tatsächlich schon einmal in einer britischen Familie gelebt und, am wichtigsten, gespeist haben? Leider sah es auch bei ihnen eher mager aus... (krass bin ich lustig) Und lasst euch gesagt sein: Ich habe mehr als nur 1 oder 2 Personen gefragt! (Sogar meine Gastmama meinte, dass es eher wenige britische Köstlichkeiten gibt :D).
Da kann ich nur sagen: Zum Glück koche ich einerseits selbst und andererseits lebe ich in London, wo das Essensangebot nicht vielfältiger und aufregender sein könnte!


Fazit: Nein, allerdings würde ich definitiv sagen, dass sie nicht allzu vielfältig ist und eher aus "ungesünderen" Mahlzeiten besteht. (Wie gesagt, ich kenne mich nicht wirklich gut aus und lasse mich gerne eines besseren belehren!) und nun ja, was meine Freunde betrifft... Die würden diesem Klischee glaube ich rechtgeben, aber wie bekannt ist, sind Geschmäcker ja (zum Glück)  verschieden. Aber Fish & Chips rockt trotzdem!


Die spinnen doch die Engländer!

Klischee Nummer drei: Wichtigstes Ereignis des Tages ist natürlich Tea Time, welche immer pünktlich zelebriert wird. Die einzigen Dinge, die da noch mithalten können, sind Neuigkeiten aus dem Königshaus oder aber ein anstehendes Fußballmatch - denn wie jeder weiß, sind dieses Völkchen besteht aus unheimlichen Sportfanatikern. Allerdings eher, wenn es darum geht, zuzuschauen. Aktive Sportarten sind das regelmäßigen Besuchen von Kneipen und dem exzessiven Alkoholkonsum. So sind die Engländer doch dafür bekannt, sich im Urlaub immer ordentlich die Kante zu geben, oder? Achja, vergessen wir bloß nicht die roten Haare und die blasse Haut, welche sich im Sommer in ein leuchtendes krebsrot verwandelt.
Aber wir wollen hier ja nicht nur Negatives erwähnen! So ist der typische Engländer zwar einerseits sehr reserviert/distanziert, hat aber andererseits gute Manieren und ist sehr höflich. "Thank you", "...., please" und "excuse me" werden hier vor oder hinter jeden Satz gesetzt, ob es nun jedoch Sinn ergibt oder nicht interessiert da auch keinen mehr.

Und jetzt die Fragen aller Fragen: Ist das alles erstunken und erlogen oder gibt es ihn wirklich - den typischen Engländer?

It's tea time, baby! Jep, hinter diesem Klischee steckt eine ganze Menge Wahrheit, denn die Engländer lieben ihren Tee! Vor allem in den ländlicheren Regionen gibt es, habe ich mir von meiner lieben Freundin Jara sagen lassen, jeden Tag um 5 Uhr (variiert glaube ich so zwischen 4 und 6) ein Tässchen Tee. In London hingegen steht definitiv der Kaffeekonsum auf Platz eins und so gibt es alle paarhundert Meter (nicht übertrieben) einen Starbucks, Nero, Costa oder Pret. Ich würde also hier mal behaupten, dass dies kein Klischee, sondern eher eine Halbwahrheit (falls es diesen Wort denn geben sollte) ist.
 
Neuigkeiten aus dem Könighaus:


Solche...
 

... aber wahrscheinlich lieber solche.




Jaja, save the Queen und so. Auch hier muss ich wieder sagen, dass ich da bis jetzt keinen allzu großen Hype drum mitbekommen habe. Klar sind ungefähr in jedem Tourishop so gut wie alle Artikel mit dem Kopf der Queen o.Ä. verziert, aber das ist ja auch nur logisch. England ist bekannt für das Königshaus, also wäre es doof, daraus keinen Profit zu schlagen. Außerdem gibt es hin und wieder mal irgendwelche Paraden, aber da kann ich euch nicht sagen, wie viele Engländer dort hinkommen oder ob der Großteil auch wieder nur Touristen sind.
Bestimmt wird auch oft in der Zeitung und im Fernsehen über die Queen berichtet (größtenteils wahrscheinlich aber eher William und Princess Cake, wie Tasha sie so schön nennt) , aaaaaaaber ich habe so, also im richtig krassen real life, da noch nie jemanden drüber reden hören. Außer vielleicht die Touris, aber die zählen nicht!
Trotzdem sind die Engländer glaube ich relativ stolz auf ihr Königshaus und so hat auch meine Gastfamilie eine William und Kate Tasse hier herumstehen.
Bei diesem Klischee kann ich euch also leider nicht wirklich sagen inwieweit es zutrifft. Fest steht, die Engländer lieben ihr Königshaus und so ist der 29. April zum Nationalfeiertag erklärt worden. Warum? Na da haben doch William und Kate geheiratet!
Aber um es klarzustellen: Die Königsfamilie ist nicht Gesprächsthema Nummer Eins!
 
 
Sport:
 
Da kann ich eigentlich gleich schon zu meinem Fazit kommen: Die Londoner sind sowas von sportbesessen. Egal wo man hinschaut: Jogger! Der einzige Ort, an dem es noch krasser war, ist Sydney. Stellt euch das mal vor: ihr sitzt man nachts um drei nichtsahnend im Bus und wollt nach einem anstrengenden Tag einfach nur ins Bett - und was seht ihr da? Noch mehr von diesen Joggern! Also jetzt mal ganz ehrlich, hat man nachts um 3 (!!) nichts besseres zu tun? Zum Beispiel ehm... SCHLAFEN?!
Hier ist auch so gut wie jeder im Fitnessstudio angemeldet. Also nun ja, die, die es sich eben leisten können. Der günstigste Gym in meiner Nähe kostet mal so eben 25 Pfund, also ca 35 Tacken. Mal zum Vergleich, in Deutschland zahlt man für den gleichen Service 20 Euro. Ich muss auch echt sagen, dass ich in London bisher sehr wenig übergewichtige Menschen gesehen habe. (Kurze Info: In Deutschland "leiden" weitaus mehr Menschen unter Übergewicht.)
Schon die Kinder werden in der Schule (zumindest in der Privatschule) total gefördert: schwimmen, hockey, footbal, tennis, Rugby - du nennst es!
Also ja, die Engländer gucken nicht nur gerne jegliche Art von Sport sondern sind auch selber aktiv.
 
 
Alkoholkonsum:
 

Ich glaube dieses Bild gibt das Klischee relativ gut wieder - betrunkene, grölende Fußball (?) Fans. Also was man denke ich schon behaupten kann, ist, dass die Engländer sehr sportverrückt sind (vor allem Fußball und Rugby). Vor allem während der Rugby WM dieses Jahr waren die Pubs zu den Spielzeiten brechend voll und jeder hatte sein Bierchen in der Hand. Aber zur Fußball WM sieht es in Deutschland nicht anders aus, oder?
An normalen Wochentagen findet man auch tagsüber einige Leute im Pub. Das erstaunlichere ist jedoch dies:
Mittwochabend ordentlich einen trinken und am nächsten Tag zur Arbeit? Scheinbar kein Problem! Dies sind jedoch eher die jüngeren Leute, wobei sich auch die Älteren abends gerne ein kühles Bier (selbstverständlich ohne jeglichen Schaum...) gönnen.
Am Wochenende sieht der ganze Spaß nochmal ein bisschen anders aus. Vor allem im Central sieht man seeeeehr viele Alkoholleichen, wobei mein Favourite definitiv die ganzen verzweifelt heulenden "Frauen" in kurzen Miniröckchen und hohen Schuhen sind!
Allerdings lebe ich in einer Großstadt und hier ist einfach alles extremer. Ob es in Berlin, Paris und Barcelona genauso ist? Keine Ahnung... Schon allein deshalb würde ich mir nicht erlauben zu sehr darüber zu urteilen.
 
Fazit:
Ich würde schon sagen, dass die Engländer öfters in Pubs gehen, als wir Deutschen in Kneipen. Die Pubs dienen als Treffpunkt - ob nach einem harten Arbeitstag oder vor einer Party. Da es dort eben nicht nur Alkohol gibt, sondern meist auch günstiges Essen, sieht man auch tagsüber viele, die sich dort zum Mittagessen treffen.
Auch wenn ich in London schon mehr Alkoholleichen gesehen habe, als in irgendeiner anderen Stadt, hatte ich jetzt keinen Kulturschock (also so schlimm kann es ja scheinbar nicht sein!). Hier leben eben viele junge Leute, die am Wochenende mal gerne einen draufmachen. Also ist auch dieses Klischee nicht ganz an den Haaren herbeigezogen!
 
 
Das Aussehen:
 
Auch hier kann ich euch eine kurze und knackige Antwort geben: ja hier gibt es mehr Rothaarige als in Deutschland- also es ist kein Klischee, dass (für unsere Verhältnisse) viele Briten rote Haare haben; meiner Meinung nach aber eben nicht auffällig viele.
Das Klischee mit der roten Haut im Sommer wird wahrscheinlich auch was mit den Rothaarigen zutun haben, da sie oft einen geringen Anteil an Melanin haben (ich glaube so hat mein persönlicher Ginger Klara es mir erzählt), weshalb die Haut sehr blass ist und schneller rot wird. Also jep, dass Engländer rot anstatt braun werden ist ein Klischee.
 
 
Manieren?
 
Da kann ich nur zustimmen! Die Engländer sind zwar auf eine Art und Weise etwas distanziert, aber unglaublich höflich! Bitte, Danke, Entschuldigung hört man jeden Tag mehrmals. Ich bekomme hier bei meiner Gastfamilie für so ziemlich alles was ich tue ein "Thank you, Katie", auch wenn ich nur meine normalen Aufgaben erledige.
Rempelt man aus Versehen jemanden an, bekommt statt eines bösen Blickes ein kurzes "Sorry" im Vorbeigehen - hö?! In Deutschland würde das aber anders laufen!
Und mit reserviert meine ich, dass die Menschen nicht direkt auf einen zukommen und alles über einen wissen wollen, so wie es in Mexiko zum Beispiel oft der Fall war - wobei wir da auch ein wenig mehr aufgefallen sind. Aber ihr wisst schon, was ich meine!
Ich glaube die Menschen sind hier einfach sehr auf sich selbst (und ihre Arbeit!) konzentriert.

 

Warum haben wir uns den ganzen Kram hier jetzt durchgelesen

...fragt ihr euch sicherlich. Und wisst ihr was? Genau das gleiche habe ich mich auch gerade gefragt :D
Nein jetzt mal ehrlich, ich finde es einfach selbst unheimlich interessant zu sehen, welche Klischees oder Vorurteile sich bewahrheiten, wenn man für einige Zeit in einem anderen Land lebt. Und wenn ich mir den Text jetzt noch mal so durchlese, dann fällt mir auf, dass alle Behauptungen irgendwie so ein kleines Fünkchen Wahrheit enthalten oder man zumindest nachvollziehen kann, wo der Ursprung des Ganzen liegt.
Und was lernen wir daraus? Die Menschen nicht sofort zu verurteilen oder über einen Kamm zu scheren, sondern sich erst einmal selbst ein Bild zu machen.
(Übrigens ein toller Punkt um Mama und Papa davon zu überzeugen einem Geld zum Reisen zu geben! Man lernt ja voll viel über andere Kulturen und so.)
 
Ich hoffe irgendwer hat sich das überhaupt bis zum Ende durchgelesen :D
(Außer Mama, auf die ist Verlass!)

Bis baaaaaaaaald.

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